Waldbaden in Massenbachhausen

14. Juni 2019, 10:27 Uhr

Update: 14. Juni 2019, 10:30 Uhr

Beim Waldbaden den Stress vergessen

Massenbachhausen  Waldbaden hat nichts mit Schwimmen zu tun. Vielmehr geht es darum, bei einem Spaziergang durch den Wald zu entspannen. Günter Rochlitzer führt seit vier Jahren Ruhesuchende durch die Schönheit der Natur.

Von Elfi Hofmann

Beim Waldbaden den Stress vergessen und die Langsamkeit entdecken   Foto: Elfi Hofmann

Mit Wanderstock und Hut ist Günter Rochlitzer in den Wäldern unterwegs und bringt den Menschen die Natur näher. Besonders wichtig dabei: Achtsamkeit.

Deutschland besteht zu über 30 Prozent aus Wald, 11,4 Millionen Hektar sind das insgesamt. Spaziergänge macht man allerdings viel zu selten in dieser „grünen Lunge“. Sagt zumindest Günter Rochlitzer. Der Michelbacher bietet gemeinsam mit seiner Frau regelmäßig kleine Wanderungen durch Waldstücke an und nennt diese Spaziergänge Waldbaden. Eine Badehose hat dabei allerdings niemand an.

Seit vier Jahren führt das Ehepaar Gruppen durch Wälder. Achtsam solle man dabei sein, erklärt er den Teilnehmern zu Beginn. „Achtung haben vor den Organismen, die es hier schon viel länger als uns Menschen gibt“, sagt er. Auch vor denen, die man nicht sehen kann. Und ebenso vor den Wegen, Holzablagerungen und natürlich auch einem Ameisenhaufen, der sich neben einem der Pfade auftürmt. Rund 1,60 Meter ist der Haufen hoch, den man leicht übersehen kann. Aber da zur Achtsamkeit auch die Langsamkeit gehört, nehmen alle Teilnehmer das Gebilde wahr, das sie vielleicht sonst übersehen hätten. „Viele Menschen laufen heute nicht mehr langsam und bewusst“, erklärt Günter Rochlitzer, „alles ist hektisch“.

Puls und Blutdruck senken

Dabei kann ein bewusster Spaziergang durch den Wald helfen, Puls und Blutdruck zu senken. „Nur der Blick auf die grüne Farbe hilft schon, schneller gesund zu werden“, so Rochlitzer. Noch während er spricht, läuft eine Joggerin an der Gruppe vorbei. Ob sich ihr Puls und Blutdruck gerade senken? Leider ist sie zu schnell vorbeigelaufen, um ihr diese Frage zu stellen. Ob sie etwas von den Terpenen wahrnimmt, die der Wald laut Rochlitzer ausscheidet? Die flüchtigen Botenstoffe helfen den Pflanzen, miteinander zu kommunizieren. Beipflichtendes Nicken. Dass Bäume miteinander sprechen, davon haben auch einige der Teilnehmer bereits gehört. Einige legen im Laufe das Waldbadens ihr Ohr an einen Stamm und hören – mit geschlossenen Augen – ganz tief hinein. Eine der Teilnehmerinnen umarmt einen Stamm, spürt die Energie des Baumes. So nah kommt man der Natur sonst nur selten.

Das war früher anders. Johann Wolfgang von Goethe war bekannt für seine Touren durch die Natur und löste damit fast schon eine Bewegung aus. „Auch Goethe haben wir es zu verdanken, dass die Wälder nach und nach wieder an Bedeutung gewonnen haben und aufgeforstet wurden“, erklärt Rochlitzer. Heute gibt es nicht nur in Deutschland Wege, die nach dem Dichterfürst, der offensichtlich weit herumgekommen ist, und seinen Routen benannt sind.

Friedliche Stille und Picknick im Schatten Alle Sinne sollen bei einer Tour durch den Wald angesprochen werden, so Günter Rochlitzer, während er gemächlich über den Weg läuft. Plötzlich hält er inne, schließt die Augen. „Es lebt alles“, flüstert er. Lediglich das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel vernimmt man hier, wenige hundert Meter von der Gemminger Straße entfernt. Und das Hämmern am Waldkindergarten, an dem an diesem Tag weiter gebaut wird. Doch bereits hinter der nächsten Kurve herrscht wieder friedliche Stille, ab und an knirscht ein Ast unter den Füßen der Waldbader.

Nach rund einer Stunde haben alle wieder den Startpunkt erreicht. Und weil für Günter Rochlitzer und seine Frau zu den Sinnen, die angesprochen werden, auch der Geschmackssinn gehört, haben die beiden Speisen und Getränke mitgebracht. Die werden selbstverständlich im Schatten der grünen Bäume serviert. Ob Goethe es auch so gut hatte?

Die Ursprünge des Waldbadens

Seinen Ursprung hat das Waldbaden – Shinrin-Yoku – in Japan. Dort begründete der Assistenzprofessor am Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit, Qing Li, die interdisziplinäre Wissenschaft der Waldmedizin. Die Wirkungen sind vielfältig und können nicht nur das Immunsystem stärken, sondern auch den Blutdruck senken, Stress mindern oder die Konzentrationsfähigkeit steigern. Beim Aufenthalt im Wald muss man sich weder anstrengen noch Sport treiben. Einfaches Spazierengehen und die damit verbundene Ruhe reichen völlig aus.

Waldnetzwerk: Unter www.waldnetzwerk.net gibt es weitere Termine zum Waldbaden.

 

 

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